Sexuelle Belästigung ist kein Missverständnis, sondern eine Grenzverletzung. Rechtlich gilt sie als unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, das die Würde einer Person verletzt oder ein feindliches Umfeld schafft – etwa durch Worte, Gesten, Bilder oder Berührungen.
Im Arbeitskontext ist das in Deutschland u. a. im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geregelt; bei körperlicher Berührung greift außerdem § 184i StGB.
Sie beginnt nicht erst bei körperlichen Übergriffen. Entscheidend ist die Unfreiwilligkeit und die Wirkung auf die betroffene Person – nicht die Absicht des Gegenübers.
Wenn ein Verhalten objektiv sexuellen Charakter hat und Sie sich dadurch belästigt fühlen, kann es sexuelle Belästigung sein.
Verbale oder nonverbale Signale: zweideutige Sprüche, sexuelle „Witze“, aufdringliche Blicke, Zusenden sexualisierter Inhalte.
Grenztests: wiederholtes Ignorieren von „Nein“, Nachstellen, Ausfragen über Intimleben.
Konkrete Übergriffe: unerwünschte Berührungen, Festhalten, erzwungene Nähe.
Machtausübung: Androhung beruflicher Nachteile oder Versprechen von Vorteilen im Austausch für „Gefälligkeiten“.
Körperliche sexuelle Belästigung: gezielte, sexuell bestimmte Berührungen (strafbar gemäß § 184i StGB).
Sie fühlen sich nach Begegnungen gedemütigt, beschämt oder verunsichert.
Sie meiden Orte, Personen oder Meetings.
Ihr Schlaf, Ihre Stimmung oder Leistung leiden.
Sie entschuldigen oder verharmlosen das Verhalten („War wohl nur Spaß“).
Verbale Formen: anzügliche Bemerkungen, sexualisierte Kommentare, wiederholte Avancen trotz Ablehnung.
Nonverbal: anstarrende Blicke, Gesten, pornografische Bilder am Arbeitsplatz.
Digital: sexualisierte Nachrichten oder Bilder, Chat-Belästigung („Dick Pics“).
Physisch: unerwünschte Berührungen, Umarmungen, körperliche Nähe.
Arbeitsbezogen: Andeutungen, dass Vorteile oder Bewertungen von „Gefälligkeiten“ abhängen.
Kreuzen Sie an, was ohne Ihre Zustimmung vorkommt (Mehrfachnennung möglich):
[ ] Sexualisierte Kommentare oder „Witze“ über meinen Körper oder meine Kleidung
[ ] Wiederholte Annäherungen oder Nachrichten, obwohl ich Nein gesagt habe
[ ] Aufdringliche Blicke oder Gesten, die mich beschämen oder einschüchtern
[ ] Unerwünschte Berührungen oder körperliche Nähe
[ ] Zusenden oder Aufforderung zum Senden sexualisierter Bilder
[ ] Andeutungen, dass Vorteile von „Entgegenkommen“ abhängen
[ ] Ich meide Orte oder Termine wegen einer bestimmten Person
[ ] Ich fühle mich gedemütigt oder dauerhaft unwohl
Auswertung:
Bereits ein zutreffender Punkt kann sexuelle Belästigung bedeuten – besonders, wenn es wiederholt geschieht oder Sie sich bedroht fühlen. Entscheidend ist Ihre Wahrnehmung, nicht die Absicht der anderen Person.
Grenze setzen: Deutlich sagen: „Hören Sie bitte auf, das ist unerwünscht.“
Situation verlassen: Suchen Sie Schutz in der Nähe anderer Personen.
Beweise sichern: Notieren Sie Datum, Ort, beteiligte Personen; speichern Sie Nachrichten oder Screenshots.
Hilfe holen: Kontaktieren Sie eine vertrauliche Beratungsstelle.
Bei Gefahr oder Übergriff: Notruf 110 wählen. Körperliche sexuelle Belästigung kann angezeigt werden (§ 184i StGB).
Beschwerde einreichen: Nutzen Sie Ihr Beschwerderecht nach dem AGG (Personalabteilung, Gleichstellungsstelle, Betriebsrat).
Beratung suchen: Rechtliche oder psychosoziale Beratung – auch anonym möglich.
Vertrauenspersonen einbeziehen: Kolleginnen, Freunde, Interessenvertretungen.
Vorfall dokumentieren: Führen Sie ein Tagebuch über alle Ereignisse.
Regeln und Schutzmechanismen im Unternehmen stärken.
Klar kommunizieren, dass Grenzen respektiert werden müssen.
Kultur der Gegenrede fördern: Kolleginnen und Kollegen sollten eingreifen, wenn sie Belästigung beobachten.
Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ – 116 016
Rund um die Uhr erreichbar, anonym und kostenfrei. Auch für Angehörige.
www.hilfetelefon.de
Hilfetelefon „Gewalt an Männern“ – 0800 123 9900
Vertraulich und kostenlos.
www.maennerhilfetelefon.de
Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS)
Beratung bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz und rechtliche Informationen.
www.antidiskriminierungsstelle.de
Polizei – Notruf 110
Bei akuter Bedrohung oder körperlicher sexueller Belästigung sofort anrufen.
Regionale Beratungsstellen und Frauenhäuser
In jedem Bundesland erreichbar – Adressen über die Websites der Landesregierungen oder über das Hilfetelefon.
Dieser Artikel ersetzt keine Rechtsberatung. Wenn Sie unsicher sind oder Unterstützung brauchen, wenden Sie sich an eine der genannten Beratungsstellen – anonym und kostenfrei.
Sexuelle Belästigung ist niemals Ihr Fehler. Sie haben das Recht auf Respekt, Sicherheit und Schutz.